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Die klassische Sau

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Cher Robert,

an der ein wenig (um „masochistisch“ zu vermeiden) existenzialistischen Variante des Urinierens, die Sie beschreiben, hat mich vor allem verblüfft, wie viel Disziplin und Selbstüberwindung sie erfordert. Beides scheinen mir übrigens förderliche (forderbare?) Ingredienzien auch von Sex, insbesondere dann, wenn sie die Kehrseite des „`Loslassen´“-Könnens darstellen. Lieber Robert, vielleicht kann ich mich für Ihre kleine Erlösungsgeschichte revanchieren, indem ich meine Plauderei über gemeinsames (!) Wasserlassen auf meine Homepage stelle. Oder gestatten Sie mir gleich hier das kleine Selbstzitat:

„Manchmal gehen wir auch zusammen pinkeln. Ich verschränke meine Arme im Nacken meines Geliebten, er nimmt mein Gesäß auf seine Hände, hebt mich auf sich drauf und lässt sich mit mir auf die Kloschüssel nieder. Es braucht immer eine Zeit, bis es aus uns beiden rausströmt, wir müssen uns dazu ganz entspannen, man kann das ebenso wenig willentlich herstellen wie eine Erektion. Sein Schwanz muss steif genug sein, um in mir drin zu bleiben, aber darf nicht so prall sein, dass er nicht mehr pissen kann.“

Nein, streichen Sie das. Aber lassen Sie mich das Zitieren fortsetzen, es gibt ja ganze Bücher, in denen sich die Verfasser damit brüsten, wie viele „Stellen“ sie in der Weltliteratur aufzustöbern wussten. Second-hand-Pornografie nenne ich das, will heute aber mal „Die klassische Sau“ geben, und zwar mit A.L. Kennedy. Sollten Sie einwenden, Kennedy sei aber keine Klassikerin, haben Sie nicht die ZEIT und nicht Denis Scheck vernommen, die loben A.L. in den höchsten Tönen, die wird noch mal Klassikerin.

Jedenfalls habe ich noch mal „Gleissendes Glück“ gelesen, ein schräges Buch, darin aber so lucide Sätze wie: „Sie gestattete sich, dem Verlorenen untreu zu werden indem sie sich nicht mehr danach sehnte.“ Und darin auch etwas zu unserer alten Debatte um Pornografie und Prostitution (also den Veranstaltungsformen von Sex):

„Es tut mir leid, aber ich habe hier ein Foto von einer Frau, in der zwei Männer stecken. Das schaue ich mir an. Ein Foto in einer Zeitschrift. Sie und zwei Männer. Ihre Lippen verdecken den Schwanz des ersten Mannes nicht ganz, er ist auch ziemlich groß. Ich glaube nicht, daß sie den ganz in die Kehle kriegen würde, aber es ist ohnehin die ideale Haltung für sie, denn diese Fotos sollen uns ihre ganze Wahrheit zeigen. Wir müssen das Lutschen und den Schwanz sehen. Und das Ficken. Ihr zweiter Gefährte fickt sie anal, und natürlich können wir das meiste von ihm sehen – das, worauf es ankommt – und ebenso ihren emporgereckten Arsch, wie willig und offen sie ist. Er trägt dunkle Socken, dieser zweite Mann, und hat Krampfadern – nicht schlimm, aber man sieht sie.

Hast du schon mal zwei Schwänze in einer Frau von nahem gesehen? Davon habe ich auch Fotos – in den Arsch und in die Möse gefickt? -, und es sieht unvorstellbar aus. Die Penisse sehen aus wie ein dickes Seil, das gut eingefettet durch sie hindurch gezogen wird. Auf Video pulsieren sie im Takt, oder auch nicht, als würden sie sich von ihr ernähren, ein Fickparasit.

Helen, das ist alles so klar, viel klarer als das Leben. Sie sind nur da, damit ich sie anschauen kann, die zwei Männer, die sich in Ekstase reiben, und sie, die keinerlei Vergnügen empfindet. Sie dient nur dazu, die beiden kommen zu lassen und den Zuschauer kommen zu lassen; das ist der ganze Grund für ihr Dasein, mehr muß man nicht hinzufügen. Die Männer können sie überall berühren, innen und außen, aber sie müssen sie nicht zum Höhepunkt bringen, sie müssen nicht mal ihre Möse benutzen, wenn sie keine Lust haben. Sie kriegt es bloß dahin, wo sie es reinstecken. Kein Vergnügen, kein Spaß. Außer natürlich, die Ejakulation an sich bereitet ihr Vergnügen. Wenn das so ist, dann ist sie eine dreckige Schlampe und verdient alles, was sie kriegt, sogar, von der gesamten Fotocrew vergewaltigt zu werden, auf den nächsten Seiten, ich weiß es. Ich habe mir dieses Heftchen schon mal angesehen. Sie wird von sieben Männern benutzt und erniedrigt, während ihr Mund unechte Gefühle vorzeigt und ihre Augen abgeschaltet haben.

Jeder gesunde und normale Mensch, der sie in diesem Zustand sehen könnte, würde nichts als Mitleid mit ihr empfinden und ihr helfen wollen. So sollte es sein, Helen, so müßte es sein.“

Entschuldigen Sie, das Zitat ist etwas lang geraten (ich hoffe ich habe das Urheberrecht nicht verletzt.) Aber es wird doch unsere Frage neu und scharf gestellt: Müssen wir Mitleid empfinden?

Mon cher copain, ich habe auch deshalb auf mich warten lassen, weil ich mich einem Selbsttest unterworfen und mir entsprechende Filmchen im Internet angesehen habe. Bevor ich nun verrate, ob meine Reaktion in Mitleid bestand, warte ich Ihre Antwort ab: Müsste es so sein?

Gespannt

Michael Domas